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Austausch mit MdEP Jens Gieseke

Green Deal & „Fit for 55“:

Verkehrspolitik der EU stellt wichtige Weichen, braucht aber bessere Planung


Brüssel, 17. Dezember 2021. Mit Hoffnung, aber auch mit Skepsis blickt

der EAC (European Automobile Clubs), Europas Zusammenschluss von

derzeit sechs Automobilclubs aus vier Ländern, auf die jüngsten

Vorschläge von Parlament und Kommission der EU zur Transformation

im Verkehrssektor. Die Pläne formulieren zu Recht ambitionierte Ziele,

lassen aber an vielen Stellen den nötigen Realismus und eine solide

Strategie zur Umsetzung vermissen. Dies hat der EAC in einem digitalen

Austausch mit dem deutschen Europapolitiker und stellvertretenden

Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN) im

Parlament, Jens Gieseke (EVP, MEP) deutlich gemacht.


Neues Streckennetz für multimodale Städteverbindungen


Der EAC begrüßt das Bekenntnis der Europapolitik zu einer

sozialverträglichen Verkehrswende. Die jüngsten Vorschläge der EU-

Kommission stellen im Grundsatz viele richtige Weichen für eine neue

europäische Mobilität. In Zukunft sollen die Schiene und die

Binnenschifffahrt deutlich mehr Passagiere und Güter transportieren.

Hierzu sollen beispielsweise schnellere europäische Bahnverbindungen

geschaffen werden als attraktive Alternative zu Kurzstreckenflügen unter

500 Kilometern. Zu begrüßen ist auch der Aufbau eines

transeuropäischen Netzes TEN mit multimodalen Städteverbindungen,

das zum Beispiel Autobahnen mit Schnellladesäulen integriert. Soziale

Härten, die durch steigende Preise im Autoverkehr oder für Mobilität

allgemein entstehen, sollen durch einen Klimafonds abgefedert werden.


Gieseke: „Pläne sind unausgegoren“



Stellvertretender Vorsitzender Ausschuss für Verkehr und Tourismus (TRAN) MdEP Jens Gieseke

Gerade der soziale Klimafonds offenbart aber gravierende Schwächen im

Konzept der EU. Policy Officer Gerrit Reichel erklärt hierzu für den EAC:

„Es ist bislang völlig unklar, wie und an wen dieses Geld ausgezahlt

werden soll. Vor allem aber wäre der Klimafonds gar nicht nötig, wenn

die Transformation des Verkehrssektors von Beginn an einseitige

Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten

ausschließt. Die Pläne sind nicht zu Ende gedacht.“

Als Beispiel nennt Reichel die Vorstellung, bereits im Jahr 2030 sollten alle

Reisen unterhalb 500 Kilometer klimaneutral sein: „Dieses ambitionierte Ziel

können wir nicht erreichen, wenn wichtige Verbindungen erst im Jahr

2040 fertiggestellt sind, wie es die EU selbst anpeilt.“


Jens Gieseke stellt mit Bezug auf den Klimafonds fest: „Dieser Fonds ist unausgegoren. Wir sind weit davon entfernt, die eingeplanten 72,2 Milliarden Euro überhaupt bereitzustellen, geschweige denn auszahlen zu können. Wir dürfen im Verkehrssektor nicht alles teurer machen, den CO2-Preis in die Höhe treiben und uns gegenseitig übertrumpfen, wenn es darum geht, wer den Verbrenner am schnellsten verbieten kann. Damit überdrehen wir die Regulierungsschraube. Wir brauchen eine bessere Planung und mehr Pragmatismus, dann müssen wir im Nachhinein nicht aufwändig umverteilen.“

Gieseke macht den Vorschlag, synthetische Kraftstoffe bei CO2-Flottengrenzwerten anzurechnen. So sollten Fahrzeuge, deren Co2-Fußabdruck nachweislich über die gesamte Laufzeit mit erneuerbaren Kraftstoffen kompensiert wurde genau wie Elektrofahrzeuge als „klimaneutral“ anerkannt werden können.


Hintergrund:

Im Green Deal der EU von 2019 wird die Strategie für das Erreichen der

Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 beschrieben. Dieses Papier wurde

2021 ergänzt um ein Maßnahmenpaket namens „Fit for 55“ mit

Empfehlungen für eine deutliche Reduzierung der Klimagase bis 2030.

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